Entwurf und Bau eines gradientenfreien Kreislaufreaktors für kinetische Untersuchungen zur selektiven katalytischen Reduktion von Stickoxiden mittels Ammoniak

Diplomarbeit von Wolfgang Schäfer

 
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Dokument 1: Inhaltsverzeichnis, Einleitung, Aufgabenstellung und Grundlagen
Dokument 2: Konstruktion, Bau und Test; Messungen (1. Teil)
Dokument 3: Messungen (2. Teil), Zusammenfassung und Ausblick; Anhang
  Kapitel 1-3
  Kapitel 4
  Kapitel 5-7, Anhang

© Copyright Wolfgang Schäfer

Inhalt von Dokument 2

4. Konstruktion, Bau und Test des gradientenfreien Treibstrahlreaktors
4.1. Wahl der Reaktorart
4.2. Vorversuche
4.2.1. Methoden zur Messung des Kreislaufverhältnisses
4.2.2. Testaufbau mit Schwebekörper-Strömungsmessern
4.2.3. Testaufbau mit einem Hitzdraht-Anemometer als Strömungsmesser
4.3. Bau des Reaktors
4.3.1. Gaskreislauf
4.3.2. Beheizung und Temperaturmessung
4.3.3. Wärmeisolierung und Traggestell
4.3.4. Einbindung des Reaktors in eine bereits vorhandene Meßanordnung
4.4. Test des Reaktors
4.4.1. Kreislaufverhältnis
4.4.2. Verweilzeitverteilung; ideales Rührkesselverhalten
4.4.3. Untersuchung der Strömungsverhältnisse
4.4.4. Einfluß der Temperatur auf den Düsendurchfluß
4.4.5. Weitere Testmethoden

5. Messungen mit dem Kreislauf-Reaktor
5.1. Versuchsaufbau
5.2. Gasanalytik
5.2.1. Übersicht
5.2.2. Chemilumineszenzdetektor (CL)
5.2.3. Gaschromatograph (GC)
5.2.4. Massenspektrometer (MS)
5.3. Durchführung und Auswertung der Messungen
5.3.1. Durchführung
5.3.2. Auswertung
5.4. Nichtkatalysierte Reaktion zwischen NO und O2
5.4.1. Versuchsbeschreibung
5.4.2. Auswertung und Ergebnisse
5.4.3. Diskussion

 

4.    Konstruktion, Bau und Test des gradientenfreien Reaktors

Dieser Teil der vorliegenden Arbeit beschreibt die Durch führung der Diplomarbeit von den Vorüberlegungen zur Wahl der Reaktorart bis zum Test des fertigen Reaktors. Die Reihenfolge der Darstellung ist an einigen Stellen abweichend von der zeitlichen Abfolge bei der Durchführung.

4.1.    Wahl der Reaktorart

Im Rahmen der Diplomarbeit sollte ein gradientenfreier Kreislaufreaktor gebaut werden, der für kinetische Messungen der SCR-Reaktion geeignet ist. Da für das korrosive Gasge misch bei Temperaturen bis zu 500 °C keine Pumpen eingesetzt werden können bzw. die Lagerung und Abdichtung der Antriebs wellen bewegter Fördereinrichtungen im Reaktor große Schwierigkeiten bereitet, muß das Gas entweder durch einen Treibstrahl gefördert werden oder zur Förderung abgekühlt werden.

Der Bau eines Reaktors mit äußerem Kreislauf, einem Kühler vor der Fördereinheit und einem Wiederaufheizer vor dem Reaktionsraum (siehe Abb. 5) ist sehr aufwendig und schwierig, da zwischen Fördereinheit und Reaktor Temperatur differenzen von über 300 °C überwunden werden müssen und die Temperatur im Reaktor genau einzuhalten ist. Nachteilig ist weiterhin das große Reaktorvolumen und die Neigung zur Salzabscheidung (siehe 3.4.3.3.) an den kalten Stellen des Kreislaufs.

Bei der Wahl des Reaktors muß weiterhin beachtet werden, daß alle über 200 °C heißen Teile der Apparatur aus Glas oder Aluminium auszuführen sind, da andere Materialien katalytisch aktiv sind und dadurch die Meßergebnisse verfälschen würden. Unter diesen Umständen erscheint der Einsatz eines Kreislaufreaktors mit Treibstrahlantrieb besonders günstig, weil er keine bewegten Teile besitzt und vollständig aus Glas gebaut werden kann. Die Beheizung des kompletten Reaktors ermöglicht eine einfache und zuverlässige Einstellung der Reaktionstemperatur.

Treibstrahlreaktoren können mit innerem oder mit äußerem Kreislauf ausgeführt werden (siehe Abb. 7 und 8). Für den üblicherweise angewendeten Reaktor mit innerem Kreislauf spricht die kompakte Bauweise. Ein solcher Reaktor wurde am Institut bereits von Retzlaff gebaut [20].

 

 

 

 

 

Abb. 11, Abb. 12: Treibstrahlreaktor mit innerem Kreislauf
Bau und Zeichnung: Retzlaff [20]

Es war jedoch nicht möglich, über die gesamte Katalysatorschüttung gleichmäßige Strömungsverhältnisse einzustellen. Aus diesem Grund wurde der Reaktor nicht für Messungen eingesetzt. Die Entscheidung über die Wahl der Reaktorart fiel daher zugunsten eines Treibstrahlreaktors mit äußerem Kreislauf aus.

4.2.    Vorversuche

Um zu prüfen, ob mittels eines Treibstrahlreaktors mit äußerem Kreislauf das notwendige Kreislaufverhältnis von mindestens 20 erreichbar ist, werden zunächst einige Vorver suche mit provisorischen Testanordnungen durchgeführt.

4.2.1.    Methoden zur Messung des Kreislaufverhältnisses [21]

Da sich das Kreislaufverhältnis nicht aus den Reaktordaten berechnen läßt (siehe 3.3.3.3.), verbleibt nur die experimentelle Ermittlung. Dazu ist es notwendig, den Gasvolumenstrom am Reaktoreingang oder -ausgang sowie den Gaskreislauf zu messen. Zur Messung des Durchflusses bzw. der Strömungsgeschwindigkeit bieten sich verschiedene Methoden an:

    - Staudruck-Messung mittels Prandtl-Staurohr
    - Druckdifferenzmessung an Drosselgeräten wie Blende, Düse oder Venturi-Rohr    
    - Schwebekörper-Durchflußmesser
    - Blasenzähler oder Seifenlamellenzähler 
    - Flügelrad-Anemometer 
    - Hitzdraht-Anemometer

Für eine Staudruckmessung oder Drossel-Druckdifferenzmessung sind die Strömungsgeschwindigkeiten im Reaktor zu gering, es muß daher eine der anderen Methoden angewendet werden.

4.2.2. Testaufbau mit Schwebekörper-Strömungsmessern

Bei diesen Versuchsanordnungen wird der Kreislauf-Volumenstrom durch einen in den Reaktor eingebauten Schwebekörper-Durchflußmesser ermittelt.

4.2.2.1.    Schwebekörper-Strömungsmesser 

Schwebekörper-Strömungsmesser, im folgenden kurz als Rotameter bezeichnet, bestehen aus einem senkrechten Glasrohr, das sich nach oben hin konisch weitet. In dem Meßrohr befindet sich ein frei beweglicher Schwebekörper. Das Gas durchströmt das Rohr von unten nach oben und hebt den Schwebekörper bis zu einer Höhe, bei der die nach oben gerichtete Reibungskraft gleich der Gewichtskraft ist. Durch seitlich angebrachte Drallnuten wird der Schwebekörper in Rotation versetzt, wodurch seine Lage stabilisiert wird.

Mit Hilfe der Schwebekörper-Kenndaten Durchmesser, Masse und Dichte, der Gasdaten Temperatur, Druck, Dichte und Viskosität, einem Satz Parameterwerte für das Meßrohr sowie einem speziellen Kennlinienblatt kann aus der abgelesenen Schwebehöhe der entsprechende Durchfluß berechnet werden. Um dieses Verfahren zu vereinfachen, wurde ein Rechnerprogramm erstellt, das eine Durchflußtabelle für beliebige Gase, Temperaturen und Drücke ausgibt (Anhang A).

Die Genauigkeit der Rotametermessung wird vom Hersteller mit 3% des Skalenendwertes angegeben. Bei der Nacheichung eines Rotameters mit Hilfe eines Blasenzählers wurden allerdings in Einzelfällen Abweichungen bis 8% des Skalenendwertes festgestellt. Abb. 14 stellt die berechnete und die gemessene Kennlinie für ein Rotameter gegenüber.

 

 

 

 

 

 

Abb. 13 : Schwebekörper-Strömungsmesser (Rotameter)

 

 

 

 

 

Abb. 14 : Kennlinie eines Rotameters

4.2.2.1.    Testaufbau 1

Der Aufbau (siehe Abb. 15) besteht aus Glasröhren mit 25mm Innen-Durchmesser, die über Kunststoffschläuche miteinander verbunden sind. Der Volumenstrom im Kreislauf und am Austritt wird mit Rotametern gemessen. 

Der Kreislaufstrom ist bei dieser Anordnung erheblich kleiner als der Austrittsstrom, es entsteht also ein starker Kurzschlußstrom entgegen der vorgesehenen Strömungsrichtung zwischen Düse und Ausgang. Die Versuchsanordnung erwies sich damit als völlig ungeeignet.

 

 

 

 

 

Abb. 15 : Testaufbau 1

4.2.2.3.    Testaufbau 2

Bei diesem Aufbau (siehe Abb. 16) wurden folgende Änderungen gegenüber Testanordnung 1 vorgenommen:

    - Alle Umlenkungen sind abgerundet. 
   
- Der Bereich um die Einlaßdüse ist gemäß Abb.9 als Ejektorpumpe ausgebildet.
    - Der Ort des Gasaustritts befindet sich an einer anderen Stelle, um Kurzschlußströme zu verhindern.

Das Kreislaufverhältnis bleibt trotz dieser Änderungen stets unter dem Wert 1. Dies liegt im wesentlichen daran, daß der Strömungswiderstand des Rotameters im Kreislauf zu hoch ausfällt.

 

 

 

 

 

Abb. 16 : Testaufbau 2

4.2.3.    Testaufbau mit Hitzdraht-Anemometer als Strömungsmesser 

Wie in Abschnitt 4.2.2. gezeigt wurde, ist ein Rotameter ungünstig für die Messung des Durchflusses im Kreislauf. Es erscheint sinnvoll, nun ein Hitzdraht-Anemometer einzusetzen, weil dieses die Strömung weniger beeinflußt.

4.2.3.1. Hitzdraht-Anemometer

Die Messung der Strömungsgeschwindigkeit mit dem Hitzdraht-Anemometer (thermisches Anemometer) beruht auf der abkühlenden Wirkung durch das bewegte Gas auf den beheizten Draht. Die Temperaturänderung des Drahtes bewirkt eine Widerstandsänderung, die gemessen wird. Das hier verwendete Gerät enthält einen NTC-Widerstand (Heißleiter) in einer Wheatstone'schen Brücke als Meßsonde und gibt direkt die Strömungsgeschwindigkeit in m/s an. Um den Volumenstrom zu erhalten, muß das Anemometer nach jedem Einbau mit einem durchflußanzeigendem Instrument, z.B. einem Rotameter, geeicht werden. Allerdings darf das geeichte Anemometer nur mit Luft und bis Temperaturen von 50 °C betrieben werden. Die Fehlergrenze liegt nach Herstellerangaben bei ca. 5% des jeweiligen Skalenendwertes von 0.5 bzw. 5 m/s.

4.2.3.2.    Testaufbau 3

Der Aufbau 3 ist ähnlich dem Aufbau 2, jedoch wird im Kreislauf statt eines Rotameters ein Hitzdraht-Anemometer zur Messung des Volumenstroms verwendet. Die Versuchsanordnungen zur Eichung des Anemometers und zur Messung des Kreislaufverhältnisses sind in Abb. 17 dargestellt.

 

 

 

 

 

Abb. 17 : Testaufbau 3 

Um die Verhältnisse mit einer Katalysatorschüttung zu testen, wird in den senkrechten Teil des Rohres ein Drahtnetz eingesetzt, das als Halter für eine Schüttung von Al2O3-Kugeln mit einem Durchmesser von 2.5 bis 3.5 mm dient. Das Kreislaufverhältnis wird für eine Düse mit 0.2 mm Öffnung bei Gasdurchflüssen von 30 bis 160 Nl/h gemessen.

Das Kreislaufverhältnis erweist sich als fast unabhängig vom Durchfluß, aber deutlich abhängig von der Zentrierung der Düse. Bei optimaler Justierung der Düse werden folgende Werte erreicht:

leerer Reaktor  ca. 20
mit einer Lage Katalysatorkugeln  ca. 14
mit 1 cm hoher Katalysator-Schüttung  ca. 12

Es erscheint durchaus plausibel, das Kreislaufverhältnis durch weitere strömungstechnische Verbesserungen insbesondere an den Umlenkungen noch anzuheben. Die Vorversuche wurden hier abgebrochen und mit dem Bau des Reaktors begonnen.

4.3.    Bau des Reaktors

In diesem Abschnitt werden die einzelnen Teile des Reaktors beschrieben.

4.3.1.    Gaskreislauf 

4.3.1.1.    Reaktorschlaufe

Kernstück der gesamten Anlage ist die aus DURAN-Glas bestehende Reaktorschlaufe (Abb. 18 - 20), die von einer Glasbläserei nach Zeichnung angefertigt wurde. Um einen Katalysatorwechsel, die Reinigung des Reaktors und die Eichung des Anemometers zu ermöglichen, ist der untere Teil des Reaktors abnehmbar. Damit keine thermischen Spannungen auftreten, besteht der Reaktor aus drei Teilen, die durch Kugelschliffe miteinander verbunden sind. Die Kugelschliffe begrenzen allerdings die Betriebstemperatur auf 500 °C. Am oberen Teil des Reaktors befinden sich vier Anschlußstutzen mit jeweiliger Kugelschliffschale für Düse, Anemometer, Thermoelement und Gasaustritt.

 

 

 

 

 

Abb. 18, Abb. 19, Abb. 20 : Differential-Kreislaufreaktor

4.3.1.2. Einlaßdüse

Aus einem Glasrohr mit 6 mm Außendurchmesser wurden verschiedene Düsen mit Öffnungen dD zwischen 0.15 und 1.00 mm hergestellt. Die Verbindung mit dem Reaktor erfolgt durch eine QUICKFIT-Verschraubung mit Kugelschliff. Auf diese Weise ist die Stellung der Düse variierbar.

4.3.1.3. Ejektorpumpe

Der Bereich um die Einlaßdüse ist gemäß Abb. 9 als Ejektorpumpe ausgebildet (siehe 3.3.3.2.). Die Geometrie ist aus Abb. 19 zu entnehmen. Es wurde Wert auf eine kurze Bauart gelegt. Nach Rotta [10] sollte bei einer Mischraumlänge lM = 6 dM der Öffnungswinkel (epsilon) des Diffusors kleiner als 9° bleiben; der Öffnungswinkel der Fangdüse hat nur wenig Einfluß. Der tatsächliche Öffnungswinkel des Diffusors beträgt 8.6°. Die optimale Mischraumlänge lM wurde experimentell durch Variation der Düsenstellung gefunden; sie liegt bei lM = 55 mm = 5.5 dM .

4.3.1.4.    Katalysatorhalterung

Im unteren Teil des Reaktors befinden sich drei Zapfen, die den Katalysatorkorb halten. Der Korb wird aus einem Aluminium-Drahtnetz (Maschenweite 1.4 mm, Drahtdurchmesser 0.2 mm), welches selbst keine katalytische Aktivität besitzt, zusammengebaut.

4.3.1.5.    Durchführungen für Anemometer und Thermoelement

Zur Messung des Kreislaufverhältnisses kann durch einen Anschlußstutzen mit QUICKFIT-Verschraubung ein Hitzdraht-Anemometer in den Reaktor eingeführt werden. Während der kinetischen Verfolgung der chemischen Reaktion wird das Anemometer durch einen Glasstab ersetzt. Über einen weiteren Stutzen kann ein unten zugeschmolzenes Glasrohr, durch das dann die Temperaturmessung mit einem Thermoelement erfolgt, bis in die Katalysatorschüttung geschoben werden.

4.3.1.6. Gasaustritt

Für den Gasauslaß wurde ein Rohr mit 1 cm Innendurchmesser seitlich an den Reaktor angebracht. Es endet in einer Kugelschliffschale.

4.3.2.    Beheizung und Temperaturmessung

4.3.2.1.    Beheizung des Reaktors

Der obere und untere Teil des Reaktors werden getrennt mit zwei jeweils um den Reaktorteil gewickelten Heizbändern (Heraeus-Wittmann; 700 W Leistung für oberen Teil und 500 W für unteren Teil) beheizt. Die Regelung erfolgt für jedes Heizband getrennt mit Hilfe eines Ni-CrNi-Thermoelements am Heizband, einem Regler und einem Leistungssteller. Zur Kontrolle und zum genaueren Abgleich werden beide Thermoelementsignale von einem Schreiber aufgezeichnet.

 

 

 

 

 

Abb. 21 : Blockschaltbild für die Beheizung

4.3.2.2.    Messung der Katalysatortemperatur

Durch ein von oben in den Reaktor bis in die Katalysatorschüttung reichendes, unten abgeschmolzenes Glasrohr kann ein Thermoelement eingeführt werden. Das in Eiswasser tauchende Referenz-Thermoelement ist gegenpolig in Serie geschaltet. Aus der Differenz der Thermospannungen, gemessen mit einem Voltmeter, wird die Temperaturdifferenz errechnet. 

Zur Verwendung kommen Ni-CrNi-Thermoelemente mit einer Drahtstärke von 0.5 mm, geführt in einem ALSINT-Rohr. 

 

 

 

 

 

Abb. 22 : Schaltung der Thermoelemente 

 

 

 

 

 

Abb. 23 : Blockschaltbild für die Temperaturmessung

4.3.3.    Wärmeisolierung und Traggestell

Zur Wärmeisolierung und zum mechanischen Schutz wurde der Reaktor in einen passend zersägten und ausgefräßten YTONG- Block eingebaut (Abb. 24 und 25).

Der obere Teil des YTONG-Blocks (Position 1 und 2) mit dem fest eingebauten Reaktoroberteil wird durch ein Gestell aus Metallschienen gehalten. Der untere Teil des YTONG- Blocks (Position 3 und 4) ist mit Metallschienen ver schraubt, kann aber, geführt durch Stahlstangen, abgenommen werden, sodaß der Reaktorunterteil freigelegt wird und abnehmbar ist. Um das Öffnen und Schließen des unteren Teils der Isolierung zu erleichtern, ist dieser mit Drahtseilen über zwei Rollen mit Blei-Gegengewichten verbunden.

Das Traggestell der Gesamtapparatur steht auf Rollen, sodaß der Reaktor verfahrbar ist. Weiterhin sind am Gestell zwei Ablagen für Regler und Schreiber angebracht. Abb. 26 zeigt eine Totalansicht der Reaktorapparatur.

 

 

 

 

 

Abb. 24 : Wärmeisolierung des Reaktors

 

 

 

 

 

Abb. 25 : Oberer Teil des Reaktors mit Wärmeisolierung

 

 

 

 

 

Abb. 26 : Totalansicht der Reaktorapparatur 

4.3.4.    Einbindung des Reaktors in eine bereits vorhandene Meßanordnung

Dieser Abschnitt beschreibt die Schnittstellen zwischen dem Reaktor und den bereits vorhandenen Anordnungen zur Meßgasmischung und Gasanalyse. Die Gasanalytik selbst wird in Abschnitt 5.2. behandelt. 

 

 

 

 

 

Abb. 27 : Blockschaltbild der Meßanordnung

Von der Gasmischanlage aus wird das Gemisch aus N2, O2 und NO einerseits und NH3 andererseits getrennt in zwei Teflonleitungen einem Misch- und Verteilungsstück vor dem Reaktor zugeführt. Dieses Teil ist aus Glas gefertigt und wird durch ein Heizband auf ca. 200 °C beheizt, sodaß keine Bildung von Salzkrusten erfolgt. Die beiden Gasströme werden in einer Gasmaus vermischt und sodann in der Weise in zwei Teilströme aufgespalten, daß ein erster Teilstrom durch die Düse in den Reaktor gelangt (Reaktorstrom) und der andere Strom über einen Hahn als Drossel direkt in den Abzug geführt wird (Vergleichsstrom). Mit Hilfe des Hahns können Reaktorstrom und Vergleichsstrom auf gleiche Durchflußmengen eingestellt werden.

Vom Reaktorausgang führt ebenfalls eine Leitung zum Abzug. Dort wird der Volumenstrom beider Leitungen mit einem Blasenzähler gemessen. Mit Hilfe eines Dreiwegehahns kann eine beheizte Teflonleitung, die zur Analytik führt, entweder mit der Vergleichsleitung (Stellung "Reaktoreingang", Index E) oder mit der Reaktorausgangsleitung (Stellung "Reaktorausgang", Index A) verbunden werden. Auf diese Weise wird die Gaszusammensetzung vor dem Reaktor (im Vergleichsstrom) oder nach dem Reaktor (im Reaktorausgangs strom) gemessen, ohne den stationären Betrieb der Gasmischanlage oder des Reaktors zu stören. Es ist allerdings darauf zu achten, daß beide Ströme ungefähr gleich stark und stets größer als der von der Analytik angesaugte Gasstrom sind.

4.4.    Test des Reaktors

Bevor der Reaktor für kinetische Messungen eingesetzt wird, müssen zunächst einige Meßzyklen durchgeführt werden, um die Eignung des Reaktors zu überprüfen. 

4.4.1.    Kreislaufverhältnis

4.4.1.1.    Meßvorgang

In den Reaktor wird das Anemometer eingebaut und geeicht (siehe Abb. 28).

Anschließend wird der Reaktor mit oder ohne Katalysatorfüllung zusammengebaut, die Düse eingesetzt und der Reaktorausgang mit einem Rotameter verbunden, um den Gasdurchsatz zu messen. Durch die Düse läßt man einen konstanten Luftstrom in den Reaktor fließen. Die Anzeigen von Rotameter und Anemometer werden in Volumenströme umgerechnet, aus diesen erhält man das Kreislaufverhältnis.

(eta)Kr = V'Anemometer / V'Rotameter    (4-1)

 

 

 

 

 

Abb. 28 : Eichung des Anemometers

4.4.1.2.    Experimentelle Ergebnisse

Tab. 2 faßt die Ergebnisse für verschiedene Düsen und Luftdurchsätze zusammen. Die Düse wurde für jede Messung bei einer Mischraumlänge von 55 mm (siehe 4.3.1.3.) optimal justiert. Die Meßtemperatur beträgt etwa 25 °C.

In der obersten Zeile der Tabelle steht der im Mikroskop gemessene Düsendurchmesser dD in mm, in der linken Spalte der mit dem Rotameter gemessene Luftdurchsatz V' 0 in NL/h. In jedem Feld befinden sich jeweils drei Zahlen. Die oberste Zahl gibt den mit einem Manometer in der Luftzuleitung gemessenen absoluten Druck in bar an, die zweite Zahl das Kreislaufverhältnis ohne Katalysator und die dritte das Kreislaufverhältnis mit einer Schicht von Katalysatorkugeln (dK= 2.5 bis 3.5 mm, Gesamtmasse ca. 0.75 g). Ein Eintrag *) bedeutet Meßbereichsüberschreitung oder -unterschreitung.

Es zeigt sich, daß das Kreislaufverhältnis für die verschiedenen Düsen vom Durchsatz nur wenig beeinflußt wird (siehe Abb. 29), dafür aber stark vom Düsendurchmesser sowie von der Beladung mit Katalysator abhängt. 

dD in mm ->

0.16 0.18 0.21 0.24 0.26 0.32 0.42 0.45 0.60 0.92
V' 0 in NL/h
9.2 1.5
84
76
1.35
74
69
1.15
67
58
1.05
58
48
1.10
38
33
1.05
46
38
*)
*)
*)
*)
32
28
*)
*)
*)
*)
*)
*)
15.0 1.70
83
72
1.55
74
63
1.30
58
50
1.10
69
54
1.20
44
40
1.08
39
35
*)
31
26
1.05
36
34
*)
18
14
*)
*)
*)
21.7 1.85
86
71
1.90
78
64
1.55
61
56
1.20
65
58
1.30
48
36
1.10
40
32
1.05
34
30
1.07
38
30
*)
21
19
*)
8
*)
29.6 2.30
*)
67
2.40
73
63
1.90
60
53
1.30
66
63
1.40
48
39
1.15
40
33
1.08
33
30
1.09
37
33
*)
21
19
*)
8
6
38.7 2.80
*)
*)
2.95
*)
58
2.30
56
49
1.50
64
53
1.60
48
37
1.22
39
33
1.10
32
28
1.11
37
31
*)
20
18
*)
10
9
48.3 3.35
*)
*)
3.45
*)
*)
3.10
*)
46
1.90
*)
48
1.80
44
38
1.30
38
32
1.12
31
27
1.15
37
31
1.05
21
18
*)
11
9
58.1 4.85
*)
*)
4.00
*)
*)
3.60
*)
*)
2.30
*)
45
2.00
*)
35
1.43
36
31
1.16
31
26
1.20
36
31
1.07
20
18
*)
11
9
68.5 2.60
*)
*)
2.30
*)
33
1.47
*)
31
1.20
30
26
1.27
*)
30
1.08
19
17
*)
11
10
79.7 3.00
*)
*)
2.60
*)
*)
1.70
*)
*)
1.25
*)
25
1.34
*)
*)
1.09
19
17
*)
12
10

Tab. 2 : Erläuterungen siehe Text

 

 

 

 

 

Abb. 29 : Kreislaufverhältnis in Abhängigkeit vom Durchfluß für verschiedene Düsen ohne und mit Katalysator

Um ein hohes Kreislaufverhältnis zu erreichen, benötigt man Düsen mit vergleichsweise kleinem Öffnungsdurchmesser (siehe Abb. 30). Allerdings steigt der für einen bestimmten Durchsatz benötigte Vordruck mit abnehmendem Düsendurchmesser steil an (siehe Abb. 31).

Für die Gasanalyse wird ein Gasdurchsatz von etwa 50 Nl/h benötigt. Bedingt durch die Gasmischanlage soll ein Vordruck von 2 bar (= 1 atü) nicht überschritten werden. Daraus resultiert ein minimaler Düsendurchmesser von etwa 0.25 mm sowie ein Kreislaufverhältnis von etwa 40, wenn eine Schicht Katalysatorkugeln zugelassen wird. Damit ist die Bedingung eines genügend hohen Kreislaufverhältnisses (vgl. 3.3.1.) bei Raumtemperatur erreicht.

Bei erhöhter Temperatur ist das Kreislaufverhältnis keiner Messung mehr zugänglich, nach Literaturangaben soll es jedoch nur wenig abnehmen [5]. Es empfiehlt sich dennoch, die gradientenfreie Arbeitsweise des Reaktors zu überprüfen, indem die Unabhängigkeit des Umsatzes vom Kreislaufverhältnis bestätigt wird (siehe 3.3.1.). 

 

 

 

 

 

Abb. 30 : Abhängigkeit des Kreislaufverhältnisses vom Düsendurchmesser

 

 

 

 

 

Abb. 31 : Abhängigkeit des Überdrucks vor der Düse vom Durchmesser der Düse bei konstant gehaltenem Gasdurchfluß

4.4.1.3.    Fehlerabschätzung

Der Fehler bei der Messung des Kreislaufverhältnisses setzt sich additiv aus dem Fehler des Rotameters am Reaktorausgang (8%), dem Fehler des Rotameters bei der Anemometereichung (8%) und zweimal dem Anemometer-Fehler (Eichung und Messung, je 5%) zusammen. Der maximale Fehler des Kreislaufverhältnisses liegt daher bei etwa 25%. 

Die Angabe des Düsendurchmessers kann nicht genauer als mit 20% Fehler erfolgen. Für die Druckangaben können 10% Fehler angenommen werden. Diese Fehler haben jedoch keinen Einfluß auf die Genauigkeit kinetischer Messungen.

4.4.2.    Verweilzeitverteilung; ideales Rührkesselverhalten

Wird für die Auswertung kinetischer Versuche die Rührkessel-Bilanzgleichung herangezogen, so muß sichergestellt sein, daß sich der Reaktor in Bezug auf das Verweilzeitverhalten wie ein idealer Rührkessel verhält.

4.4.2.1. Charakterisierung der Verweilzeitverteilung [2]

Das arithmetische Mittel der Verweilzeiten aller Teilchen im Reaktor wird mittlere Verweilzeit (tau) genannt. (tau) läßt sich aus dem Reaktorvolumen und dem Volumenstrom berechnen:

 (tau) = VR / V'    (4-2) 

Die Verweilzeitverteilung eines Reaktors kann durch sein Verweilzeitspektrum H(t) beschrieben werden. H(t) ist so definiert, daß H(t)dt die Wahrscheinlichkeit für eine Verweilzeit zwischen t und t+dt darstellt. Aus dem Verweilzeitspektrum kann die mittlere Verweilzeit berechnet werden. 

(tau) = INTEGRAL H(t) * t *dt     (4-3)

Für den idealen Durchfluß-Rührkessel ergibt sich aus der Stoffbilanz folgende Gleichung für das Verweilzeitspektrum: 

H(t) = [1 / (tau)] exp - [t / (tau)]    (4-4)

4.4.2.2.    Methoden zur Messung der Verweilzeitverteilung [2]

Das Verweilzeitverhalten eines Reaktors kann in der Weise untersucht werden, daß eine Markierungssubstanz in den Reaktor gegeben und deren Konzentration im Auslauf des Reaktors als Funktion der Zeit aufgenommen wird. Meist wird als Eingangssignal für die Markierungssubstanz eine Sprung funktion oder eine Nadelfunktion verwendet. Wird eine Sprungfunktion aufgegeben (Abb. 32), so ist die Steigung des Konzentrationsverlaufs am Reaktorausgang über der Zeit proportional zu H(t).

 H(t) = d(caus(t)/cein) / dt     (4-5) 

 

 

 

 

 

Abb. 32 : Antwort des Reaktors auf eine Sprungfunktion als Eingangssignal für eine Markierungssubstanz

Wird eine Nadelfunktion als Eingangssignal aufgegeben (Abb. 33), so ist die zeitabhängige Konzentration der Markierungssubstanz am Reaktorausgang proportional zu H(t):

H(t) = caus(t) / INTEGRAL caus(t)dt     (4-6) 

 

 

 

 

 

Abb. 33 : Antwort des Reaktors auf eine Nadelfunktion als Eingangssignal für eine Markierungssubstanz

4.4.2.3.    Messung des Verweilzeitspektrums des Reaktors

In den mit Druckluft betriebenen Reaktor werden kurz vor der Düse etwa 5 cm3 reines NO-Gas schnell injiziert. Am Reaktorausgang wird die NO-Konzentration mit einem Chemilumineszenzdetektor (siehe 5.2.2.) in Abhängigkeit von der Zeit gemessen. Eventuell gebildetes NO2 wird vor dem Detektor des Analysengerätes in einem Konverter bei 700 °C wieder in NO umgewandelt. Die Messung wird für zwei Düsen nach Ermittlung des Kreislaufverhältnisses mehrmals durch geführt.

Die Auswertung erfolgt mit einem Rechnerprogramm, das aus dem eingegebenen Konzentrationsverlauf das Verweilzeitspektrum und daraus die mittlere Verweilzeit bestimmt. Außerdem gibt das Programm die nach Gl. (4-2) aus Reaktorvolumen und Durchfluß berechnete mittlere Verweilzeit und das theoretische Verweilzeitspektrum für den idealen Rührkessel aus. Die Ergebnisse sind in Tab. 3 sowie in den Abb. 34 und 35 dargestellt.

 

 

 

 

 

Abb. 34 : Verweilzeitspektrum des Reaktors mit Düse Nr. 1

 

 

 

 

 

Abb. 35 : Verweilzeitspektrum des Reaktors mit Düse Nr. 2

  Düse Nr. 1 Düse Nr. 2
Reaktorvolumen 0.45 l 0.45 l
Durchfluß 58 l/h 60 l/h
Düsenöffnung 0.92 mm 0.32 mm
Kreislaufverh. ca. 12 ca. 35
gemess. (tau) 20.0 s 23.5 s
theoret. (tau) 27.9 s 26.9 s

Tab. 3 : Messung der Verweilzeitverteilung des Reaktors

4.4.2.4.    Diskussion

Bei der Verwendung der größeren Düse (Nr. 1) erkennt man eine deutliche Abweichung zwischen gemessenen und theoretischen Werten für (tau) und H(t). Das Verweilzeitspektrum (Abb. 34) zeigt im Anfangsbereich Schwankungen mit einer Perioden dauer von 2.1 s. Dies ist darauf zurückzuführen, daß das NO-haltige Gasvolumen mehrmals den Reaktor durchlaufen muß, bevor eine völlige Einmischung erreicht ist. Aus der Umlaufdauer läßt sich das Kreislaufverhältnis unabhängig von der in 4.4.1.1. beschriebenen Methode bestimmen, nämlich mit

(eta)Kr = V' Kr / V' ein = (VR / tUml)/ V' ein    (4-7)

zu (eta)Kr = 13.1. Die Übereinstimmung mit dem über den Anemometer gemessenen Wert von (eta)Kr = 12.5 ist also befriedigend. 

Die gemessenen Werte von H(t) für die erste Düse liegen bis 15 s über den theoretischen, ab 15 s unter den theoretischen Werten. Ein Teil der Gasmenge verläßt den Reaktor also zu früh; dafür spricht auch die zu kurze gemessene mittlere Verweilzeit. Offenbar ist das Kreislaufverhältnis zu gering, um die für ideales Rührkesselverhalten notwendige Rückvermischung zu erhalten. 

Bei der zweiten, kleineren Düse fällt die Dauer der NO-Einleitung länger als die Gasumlaufzeit im Reaktor aus. Periodische Schwankungen der NO-Konzentration am Reaktorausgang können daher nicht auftreten. Die gemessenen und theoretischen Werte für die mittlere Verweilzeit und das Verweilzeitspektrum stimmen hinreichend gut überein. Offenbar reicht bei der kleineren Düse das Kreislaufverhältnis aus, um ein ideales Rührkesselverhalten zu gewährleisten.

4.4.3.    Untersuchung der Strömungsverhältnisse

Im folgenden soll geprüft werden, ob innerhalb des Reaktors Kurzschlußströme von der Düse zum Gasaustritt auftreten. Weiterhin sollen die Strömungsverhältnisse an der Anemometer-Meßstelle untersucht werden, um die günstigste Stellung der Hitzdrahtsonde zu finden. Letztendlich soll geprüft werden, ob der Reaktor Toträume enthält.

4.4.3.1.    Messung des Strömungsprofils mit dem Anemometer

Durch Variation der Stellung des Anemometers kann das radiale Strömungsprofil in der oberen Rohrkrümmung in direkter Weise ausgemessen werden. In Abb. 36 sind die Ergebnisse für drei Volumenströme dargestellt.

Die gemessenen Werte sind zeitlich gemittelte Beträge des Geschwindigkeitsvektors an der jeweiligen Stelle; die Richtung der Gasbewegung kann mit dem Anemometer nicht festgestellt werden. Die Strömung im Hauptrohr ist laminar (Re ca. 1500 bei v = 1 m/s). Das Strömungsprofil bei 1000 Nl/h läßt vermuten, daß im unteren Teil des Ansatzstutzens für das Anemometer Wirbel auftreten. Die Überprüfung folgt im nachfolgendem Abschnitt.

 

 

 

 

 

Abb. 36 : Strömungsprofil über den Reaktor-Rohrquerschnitt an der Anemometer-Meßstelle

4.4.3.2.    Visuelle Untersuchung der Strömungsverhältnisse

Die Strömungsverhältnisse im Reaktor können unter Benutzung von Rauch direkt sichtbar gemacht werden. Dazu werden einige Tropfen konzentrierte Salzsäure in den Reaktor gebracht. In den mit Luft betriebenen Reaktor wird dann kurz vor der Düse eine geringe Menge Ammoniak eingebracht. Durch den entstehenden Rauch von Ammoniumchlorid läßt sich die Strömung gut beobachten. Der Versuch wird mit zwei Düsen (Kreislaufverhältnis 20 und 40) bei einem Durchfluß von 50 Nl/h mehrmals durchgeführt.

Wie erwartet erweist sich die Strömung im Hauptrohr als laminar, turbulente Bereiche bilden sich in den Ansatzstutzen für Thermoelement und Anemometer nahe den Verzweigungen. Die oberen Teile der Ansatzstutzen wirken als Toträume. Für die Charakterisierung der Strömung scheint es günstig zu sein, das Hitzdraht-Anemometer möglichst weit in den Reaktor in den Bereich gleichmäßigster Strömung zu schieben. 

Der Bereich der Ejektorpumpe wird vom Gas gleichmäßig und ohne Bildung von Wirbeln durchströmt. Rückströmungen treten nicht auf. In einem Kontrollversuch mit einer Reaktorschlaufe ohne Verengung an der Stelle der Düse zeigen starke Wirbelbildungen erhebliche Rückströmungen an.

Zusammenfassend wird festgestellt, daß der Reaktor aufgrund der gleichmäßigen Strömung ohne Kurzschluß- und Rückströme für kinetische Messungen geeignet scheint. Toträume können die heterogene Katalyse kaum beeinflussen. Die Strömungsverhältnisse im Bereich der Ejektorpumpe zeigen an, daß diese richtig dimensioniert ist.

4.4.4.    Einfluß der Temperatur auf den Düsendurchfluß

In den Reaktor wird eine Düse mit 0.26 mm Öffnung eingebaut. Anschließend wird bei konstantem Luftvordruck die Temperatur erhöht und dabei der Durchfluß gemessen. In Abb. 37 ist die Änderung des Durchflusses für zwei verschiedene Vordrücke dargestellt. 

 

 

 

 

 

Abb. 37 : Abhängigkeit des Gasdurchsatzes von der Temperatur

Erwartungsgemäß nimmt der Durchfluß bei Temperaturerhöhung ab, weil die Viskosität des Gases zunimmt. Da aber für die vorgesehenen kinetischen Messungen der Durchfluß bei verschiedenen Temperaturen konstant bleiben soll, muß zwangsläufig der Vordruck bei jeder Temperaturerhöhung vergrößert werden. Das bedeutet, daß für jede Temperatur an der Gasmischanlage alle Gasströme neu einzustellen sind.

4.4.5.    Weitere Testmethoden

Über die oben beschriebenen Testmethoden hinaus sollten noch mindestens zwei Untersuchungen durchgeführt werden:

    - Prüfung des Reaktors auf gradientenfreien Betrieb
    - Messung der Blindreaktion (nichtkatalytischer Umsatz)

Diese beiden Tests gelingen nur in Verbindung mit der zu untersuchenden Reaktion und werden daher erst im folgenden Kapitel beschrieben (siehe 5.7.3.2. und 5.6.).

Eine Überprüfung des Einflusses der Katalysatormenge und -anordnung auf die gemessene Reaktionsgeschwindigkeit kann im Rahmen der Diplomarbeit aus Zeitgründen nicht durchgeführt werden, wird aber zu einem späteren Zeitpunkt nachgeholt.

 

5.    Messungen mit dem Kreislauf-Reaktor

In diesem Kapitel werden die Messungen mit dem Gassystem N2-O2-NO-NH3 beschrieben.

5.1.    Versuchsaufbau

Die gesamte Versuchsanordnung, die nun auch den Kreislaufreaktor enthält, ist in Abb. 38 dargestellt. Die N2/O2/NO-Gasmischung wird in der Gasmischanlage aus den Komponenten N2, Luft und NO hergestellt. Um Salzabscheidung zu ver meiden, wird NH3 erst kurz vor dem Reaktor in einem beheizten Mischteil zugegeben. Nach dem Passieren der Gasmaus wird das Gemisch in zwei gleich große Ströme geteilt, von denen einer direkt durch den Reaktor geführt wird. Über einen Dreiwegehahn ist es möglich, die von der Gasanalytik her kommende Ansaugleitung abwechselnd mit beiden Teilströmen zu verbinden, um so die Gaszusammen setzung vor und nach dem Reaktor zu messen.

5.2.    Gasanalytik

Im folgenden Teil werden Funktion und Anwendungsbereich der verschiedenen Teile der Gasanalytik beschrieben.

5.2.1.    Übersicht

Eine Übersicht über die zu messenden Gaskomponenten und die verwendeten Analysegeräte wird in Tab. 4 vorgestellt. 

 

 

 

 

 

Abb. 38 : Schema der gesamten Versuchsanordnung 

 

 

 

 

 

Abb. 39 : Totalansicht der Versuchsanordnung

  CL GC MS
NO X    
NO2 1)    
NH3   X  
H2O   2)  
O2   3) X

Tab. 4: Gasanalytik
1) nur bei Abwesenheit von NH3 
2) nur Relativwerte
3) nur zur Probennahme

 

5.2.2.    Der Chemilumineszenzdetektor (CL)

Der Chemilumineszenzdetektor (Fa. Thermo Electron; Typ 10 AR) dient zur quantitativen Bestimmung von NO. Der maximale Meßfehler beträgt nach Herstellerangabe 1% des Skalenendwertes. Dem Nachweis liegen folgende Reaktionen zugrunde:

NO + O3 ----> NO2* + O2
NO2* ----> NO2 + Photon

Durch Vorschalten eines bei 700 °C betriebenen Konverters, in welchem NO2 zu NO und O2 gespalten wird, ist es darüber hinaus möglich, die Summe NO+NO2, im folgenden als NOx bezeichnet, zu messen. Eine NOx-Messung ist allerdings nur bei Abwesenheit von NH3 statthaft, da NH3 im Konverter NO und NO2 reduzieren würde.

5.2.3.    Der Gaschromatograph (GC)

Der Gaschromatograph (Fa. Shimadzu; Typ GC-8A) dient zur Bestimmung von NH3 und H2O, sowie zur Probenentnahme für das Massenspektrometer. Zur Auftrennung des Gasgemisches wird eine 90 cm Glassäule, gefüllt mit PORAPAK-N, bei 100 °C verwendet. Die Injektor- und Detektortemperatur liegt bei 160 °C. Zur quantitativen Auswertung wird die Höhe des NH3- Signals herangezogen. Zuvor muß eine Eichung durchgeführt werden, für die Eichgas eingesetzt wird. Das H2O-Signal wird nicht quantitativ ausgewertet.

5.2.4.    Das Massenspektrometer (MS)

Zur Messung des Sauerstoffgehalts wird ein Quadrupol-Massenspektrometer (Fa. Inficon über Fa. Leybold-Heraeus; Typ Quadrex 200) eingesetzt. Das Probengas wird diskontinuierlich über den Gaschromatograph aufgegeben. Die Eichung erfolgt mit Luft. 

5.3. Durchführung und Auswertung der Messungen

5.3.1. Durchführung

In den Differential-Reaktor wird die gewünschte Düse und der Katalysator eingebaut und das Kreislaufverhältnis, wie in Abschnitt 4.4.1.1. gezeigt, mit Luft bei Raumtemperatur bestimmt. Anschließend wird das Anemometer durch einen Glasstab ersetzt und der fertige Reaktor an die Meßanordnung angekoppelt (Abb. 38). Vor der eigentlichen Reaktivitätsmessung müssen die Meßgeräte geeicht werden. Danach wird der Reaktor auf die gewünschte Temperatur eingestellt. Sollen Messungen bei verschiedenen Temperaturen durchgeführt werden, wird mit der niedrigsten Temperatur begonnen, da das Aufheizen des Reaktors schneller erfolgt als das Abkühlen. 

Der Hahn in der Vergleichsleitung wird so gestellt, daß die Gasströme in der Reaktorleitung und in der Vergleichsleitung ungefähr gleich stark ausfallen. Der Dreiwegehahn befindet sich in der Stellung für die Messung der Gaszusammensetzung am Reaktoreingang (Stellung E). Wenn der Reaktor und die beheizten Leitungen die gewünschte Temperatur erreicht haben, werden alle Teilgasströme (Luft, N2, NO, NH3) so eingestellt, daß am Reaktoreingang die gewünschte Gaszusammensetzung vorliegt und der Gesamtstrom durch den Reaktor den vorgegebenen Wert erreicht (meist 50 l/h, bezogen auf Raumtemperatur). Dies ist sehr schwierig und zeitaufwendig, da die Veränderung des Durchflusses bei einer Meßgaskomponente alle anderen Teilströme beeinflußt und die Zeitstabilität der Ströme nicht sehr groß ist.

Hat man die richtigen Einstellungen gefunden, wird der Dreiwegehahn umgestellt (Stellung A), um die Gaszusammensetzung am Reaktorausgang zu messen. Danach kann auf die nächste Temperatur aufgeheizt werden. Nach jeder Temperatur änderung muß die Einstellung der Meßgasmenge und -zusammen setzung wiederholt werden.

Während der Messung auftretende Störungen sind insbesondere in Undichtigkeiten im Druckteil der Anlage sowie in der Salzabscheidung an nicht genügend heißen Teilen der Apparatur (Regulierhahn, Dreiwegehahn) zu suchen.

5.3.2.    Auswertung

Bei allen Messungen erhält man grundsätzlich Volumenbrüche (phi)i der Gaskomponenten i. Im allgemeinen werden die Volumenbrüche, welche an den Analysengeräten vorliegen, gemessen und nicht die Volumenbrüche am Reaktoreingang oder -ausgang. Falls in den Leitungen zwischen Reaktor und Analytik Reaktionen stattfinden, sind diese bei der Auswertung zu berücksichtigen.

Abb. 40 zeigt die in den folgenden Formeln verwendeten Bezeichnungen für Umsätze U, molare Konzentrationen c und Volumenbrüche (phi) für beide Stellungen des Dreiwegehahns.

 

 

 

 

 

Abb. 40 : Festlegung der verwendeten Indices bei der Umsatz-Ermittlung

Der Umsatz der Komponente i in einem beliebigen Teil der Anlage ist folgendermaßen definiert: 

Ui = (n'iein - n'iaus) / n'iein = (ciein * V' ein - ciaus * V' aus) / (ciein * V' ein)    (5-1)

Unter Annahme einer idealen Gasmischung können die Konzentrationen durch Volumenbrüche ersetzt werden:

 ci = (1/V)*ni =  (1/V)* (Vi / Vmol) = (phi)i / Vmol    (5-2)

Ui = [(phi)iein * (V' ein / Vmol) - (phi)iaus * (V' aus / Vmol)] / [(phi)iein * (V' ein / Vmol)]    (5-3)

Bei vernachlässigbarer Änderung der Molzahl in der Gasphase, was bei allen Messungen wegen der hohen Verdünnung angenommen werden darf, gilt V'ein/Vmol ~~ V'aus/Vmol. Dies gilt sogar bei Änderung der Temperatur, da V'aus und Vmol die gleiche Temperaturabhängigkeit aufweisen. Gleichung (5-3) vereinfacht sich daher zu:

Ui = [(phi)iein  - (phi)iaus] / (phi)iein    (5-4)

Aus dem Umsatz im Reaktor läßt sich die Reaktionsgeschwindigkeit ermitteln. Dazu betrachtet man die Stoffbilanz für ein Edukt k im idealen Durchflußrührkessel:

Uk,R = Da I / (1 + Da I) = {[VR*r *()k]/(V' aus *ckaus)} / {1 + [VR*r * ()k]/(V' aus *ckaus)}    (5-5)

Löst man nach ()k*r auf, so erhält man:

   rk = ()k*r = (ckaus * V' aus / VR) * [Uk,R / (1 - Uk,R]    (5-6)

Substitution der Konzentrationen durch Volumenbrüche gemäß Gl. (5-2) führt zu:

  rk = ()k*r = [(phi)kaus / VR] * [V' aus / Vmol] * [Uk,R / (1 - Uk,R]    (5-7)

Die Temperaturabhängigkeit von V'aus und Vmol ist gleich, so daß als Endformel resultiert:

 rk = ()k*r = [(phi)kaus / VR] * [V' 0,aus / V0mol] * [Uk,R / (1 - Uk,R]    (5-8)

Für heterogen-katalysierte Reaktionen erhält man nach dieser Gleichung stets die effektiven Reaktionsgeschwindigkeiten reff. Im folgenden wird der Index "eff" zur Vereinfachung weggelassen. 

5.4.    Nichtkatalysierte Reaktion zwischen NO und O2

Mit diesen "Blind"-Versuchen soll gemessen werden, wieviel NO im Reaktor und in den Leitungen durch O2 zu NO2 oxidiert wird. Diese Werte sind für die Auswertung späterer Versuche wichtig. "Nichtkatalytisch" soll hier bedeuten, daß kein für die SCR-Reaktion aktiver Katalysator in den Reaktor einge setzt ist, sondern nur der Al2O3-Träger.

5.4.1.    Versuchsbeschreibung

Versuchsparameter:

Eingangskonzentrationen: O2: 5 ... 6 Vol-%
NO: 3500 ... 9500 vpm
   (gemessen als NOx am Reaktorausgang)
NH3: 0
Durchfluß: 46 ... 48 Nl/h
Temperaturen: 20, 200, 300, 400 °C
Reaktoreinbauten: Al-Drahtnetz,
1 Schicht entspr. 0.75 g von Al2O3-Kugeln (dK = 2.5 ... 3.5 mm)
Kreislaufverh.: ~ 45 (bei 20 °C)

 

Für verschiedene NO-Konzentrationen und Temperaturen wird der NO- und NOx-Volumenbruch für beide Stellungen des Dreiwegehahns gemessen. Die Differenz zwischen NOx und NO gibt in der Dreiwegehahnstellung "Reaktoreingang" (E) den in den Leitungen oxidierten Anteil an, in der Stellung "Reaktorausgang" (A) die Summe aus im Reaktor und in den Leitungen oxidiertem NO. Die Meßwerte sind in Anhang C.1. aufgelistet.

5.4.2.    Auswertung und Ergebnisse

5.4.2.1.    NO-Oxidation in den Leitungen

Der NO-Umsatz in den Leitungen wird nach folgender Gleichung ermittelt:

UNOL =  [(phi)NOein - (phi)NOaus] / (phi)NOein = [(phi)NOxE - (phi)NOE] / (phi)NOE    (5-9)

Der Wert des Umsatzes ist im betrachteten Konzentrationsintervall unabhängig von der NO-Anfangskonzentration und beträgt UNOL = 20.5 ± 1.1% .

5.4.2.2.    NO-Umsatz im Reaktor

Nach Gl. (5-4) berechnet sich der NO-Umsatz im Reaktor zu:

 UNOR =  [(phi)NOD - (phi)NOR] / (phi)NOD     (5-10)

Die Volumenbrüche (phi)NOD und (phi)NOR sind zunächst nicht bekannt und werden deshalb durch die gemessenen Werte (phi)NOE und (phi)NOA ersetzt:

(phi)NOD = (phi)NOE / (1 - UNOE)    (5-11)

(phi)NOR = (phi)NOA / (1 - UNOA)    (5-12)

Wie in Abschnitt 5.4.2.1. festgestellt, ist der NO-Umsatz in den Leitungen konzentrationsunabhängig, es gilt also auch UNOA = UNOE. Durch Einsetzen von (5-11) und (5-12) in (5-10) ergibt sich folgende Formel zur Ermittlung des NO-Umsatzes im Reaktor:

UNOR =  [(phi)NOE - (phi)NOA] / (phi)NOE     (5-13)

Der Umsatz steigt mit zunehmendem NO-Gehalt und fällt mit steigender Temperatur (siehe Tab. 5). Zur Bestimmung der Reaktionsgeschwindigkeit wird Gl. (5-8) herangezogen:

  rNO = ()NO*r = [(phi)NOR / VR] * [V' 0/ V0mol] * [UNOR / (1 - UNOR]    (5-14)

Auch hier muß der Volumenbruch (phi)NOR gemäß Gl. (5-12) durch (phi)NOA ersetzt werden:

rNO = ()NO*r = {(phi)NOA / [VR*(1-UNOA)]} * [V' 0 / V0mol] * [UNOR / (1 - UNOR]    (5-15)

Für die Reaktionsgeschwindigkeit wird die bereits von M. Bodenstein aufgestellte Gleichung verwendet [15]:

 rNO = -2 * r = -2 * kc * cO2R * (cNOR)2    (5-16)

Die Konzentrationen werden durch Volumenbrüche ersetzt (Index "O2" bedeutet O2):

cO2R = (phi)O2R / Vmol = [(phi)O2R / V0mol] * [T0 / T]    (5-17)

cNOR = (phi)NOR / Vmol = [(phi)NOR / V0mol] * (T0 / T) =  {(phi)NOA / [(1-UNOA)*V0mol]} * [T 0 / T]    (5-18)

Der sich ergebende Ausdruck für rNO kann in Gleichung (5- 15) eingesetzt werden. Durch Umstellen erhält man folgenden Ausdruck für die Geschwindigkeitskonstante:

kc / (1-UNOA) = [V' 0 * (V0mol)2 * (T/T0)3] / [2 * VR * (phi)O2R * (phi)NOA] * [UNOR / (1 - UNOR]    (5-19)

UNOA ist unbekannt, muß jedoch, wie in 5.4.2.1. gemessen, zwischen 0 und 0.21 liegen (0 < UNOE ~ UNOA < UNOL). UNOA ist wie schon erwähnt außerdem unabhängig von der NO-Konzentration. Aus diesem Grund kann kc bis auf den konstanten Faktor 1/(1-UNOA) ermittelt werden.

In Tab. 5 sind der NO-Umsatz UNOR sowie die kc/(1- UNOA)-Werte für die verschiedenen Temperaturen und Konzentrationen zusammengestellt. Man erkennt, daß die Werte für kc/(1- UNOA) keinen systematischen Gang zeigen; die Annahme r ~ (cNO)2 war richtig.

In Tab. 6 sind die Mittelwerte von kc für die beiden Extremfälle UNOA = 0 und UNOA = 0.21 zusammen mit den Standardabweichungen aufgelistet. Außerdem sind Literaturwerte für kc angegeben (Bodenstein, Lindner [15]).

(phi)NOA
in vpm
UNOR
in %
kc/(1- UNOA)
in l2mol-2s-1
T = 20 °C 6600 35.5 (14200)
5550 23.1 10600
5150 25.5 10100
4300 21.1 10300
3500 19.5 11100
2500 13.8 9751
T = 200 °C 9350 5.1 3850
7150 4.7 4760
5750 4.2 5190
4250 3.4 5630
3000 1.6 3740
T = 300 °C 9050 3.2 3990
7100 2.7 4310
5850 1.7 3630
4100 1.2 3580
2800 0 *)
T = 400 °C 9550 1.5 2920
6750 1.5 3980
5500 1.8 (5980)
4100 0 *)
2650 0 *)

(     ) : wird bei der Mittelwertbildung gestrichen
 *) : kein Umsatz meßbar, daher nicht auswertbar

Tab. 5 : Nichtkatalytische NO-Oxidation im Kreislauf-Reaktor


in ºC
kc
in l2mol-2s-1
UNOA = 0 UNOA = 0.21 Lit. [15]
20 10380 ± 480 8240 ± 380 7616
200 4630 ± 740 3680 ± 590 3300
300 3880 ± 300 3080 ± 230 2840
400 3450 ± 530 2740 ± 420 2700

Tab. 6 : Mittelwerte von kc für nichtkatalyt. NO-Oxidation

Wird log kc gegen 1/T aufgetragen, erhält man eine leicht durchgebogene Kurve, aus deren Steigung die über den gemessenen Temperaturbereich gemittelte Aktivierungsenergie gewinnbar ist (vgl. 3.1.3.). 

 

 

 

 

 

Abb. 41 : Arrhenius-Diagramm für nichtkatalytische NO-Oxidation

Die Aktivierungsenergie ist scheinbar negativ:

    experimentell EA = - 4.88 kJ/mol
    Literatur EA = - 4.67 kJ/mol

Ein solcher Effekt kann nur dann auftreten, wenn die Reaktion über ein vorgelagertes, sich schnell einstellendes Gleichgewicht mit exothermem Zwischenprodukt abläuft [22] (siehe 3.4.2.3. und 3.4.2.5.).

5.4.3.    Diskussion

Die Tatsache, daß der NO-Umsatz in den Leitungen fast unabhängig von der NO-Anfangskonzentration ist, läßt sich nicht mit dem üblichen Geschwindigkeitsansatz (5-16) für die NO-Oxidation vereinbaren. Der Umsatz sollte nämlich mit fallender NO-Konzentration abnehmen:

 dcNO / d(tau) =   - 2 * kc * cO2 * (cNO)2    (5-20)

 cO20 » cNO0  ==> 1 / cNO = 1 / cNO0 + - 2 * kc * cO20 * (tau)    (5-22)

UNO = 1 - 1 / [1 + 2 * kc * cO20 * cNO0 * (tau)]    (5-23)

Außerdem sind die Umsätze größer als nach (5-22) erwartet. Eine mögliche Erklärung wäre der Ablauf einer wandkatalysierten Reaktion, die 1. Ordnung bzgl. NO ausfällt:

 

dcNO / d(tau) =   - 2 * kc' * cO2 * cNO    (5-24)

 cO20 » cNO0  ==> ln (cNO / cNO0) = - kc' * (tau)   (5-25)

ln (1-UNO) = - kc' * (tau)    (5-26)

Für den Reaktor zeigt die Auswertung hingegen, daß die NO-Oxidation wie erwartet 2. Ordnung bezüglich NO abläuft. Die im Vergleich mit der Literatur etwas zu hohen Werte für kc können damit erklärt werden, daß zusätzlich zu der homogenen Reaktion im Reaktor ein weiterer Teil des NO in der Düse, an der Gefäßwand, am Aluminiumnetz oder an den Al2O3-Pellets oxidiert wird. Der Literaturwert für die scheinbare Aktivierungsenergie konnte mit guter Genauigkeit reproduziert werden.

 

Literaturverweise zu Dokument 2

[2] E. Fitzer, W. Fritz: Technische Chemie -Eine Einführung in die chemische Reaktionstechnik
Springer-Verlag, 2. Aufl., Berlin 1982 

[5] D. Dreyer, G. Luft
Chemie-Technik 11, 9 (1982) 1061 

[15] Gmelin: Handbuch der Anorganischen Chemie
Verlag Chemie, 8. Aufl., Berlin 1934 

[20] B. Retzlaff
persönliche Mitteilung 

[21] B. Eck: Technische Strömungslehre
Springer-Verlag, 6. Aufl., Berlin 1961 

[22] G. Wedler: Lehrbuch der Physikalischen Chemie
Verlag Chemie, 2. Aufl., Weinheim 1985

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